Am Wochenende fragte mich eine Zeichnerin in Facebook, wie ich in Stein gemeißelte Schriften darstellen würde.
Ich antwortete: „Durch Licht und Schatten!“
Daraufhin machte ich gleich einen Spaziergang Richtung Friedhof, zeichnete eine Postkarte und brachte einige Anschauungsfotos mit.
Erhaben oder vertiefte Schriften
Schriften in Stein können entweder erhaben oder vertieft sein. Meist sieht man die keil- oder muldenförmig eingearbeiteten Meißelkanten. Manche Schriften sind mit Farbe ausgelegt.
Licht und Schatten in Schriften
Das Licht der Sonne trifft auf die vordere Kante und wirft einen Schatten in der Strahlrichtung. Dort wo der Strahl direkt auftrifft, leuchtet der Stein hell. In dieser goldenen Schrift sieht man sehr gut das Licht im i-Punkt. Man erkennt in den Lichtern genau die Richtung der Sonnenstrahlen.
Ich glaube, Sie müssen sich nicht unbedingt an den Physikunterricht in der Schule erinnern. Obwohl die Grundlagen der Optik sehr hilfreich sein können. Die Lebenserfahrung sagt Ihnen, dass ein einseitiger Schatten entsteht, wenn die Sonne etwas schräg in ein Loch oder in einen Graben scheint. Die Seite, auf die die Sonnenstrahlen auftreffen können, wirkt dagegen viel heller. Eine in Stein gemeißelte Schrift ist wie ein kleiner Graben.
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele zeigen, wie ich an so eine Schrift herangehen würde:
Erhabene Schriften durch reine Schattenzeichnung
Am Kindergarten fand ich ein Schild mit erhabener Schrift. Der Schatten war sehr dunkel, da es sonnig war. Ich würde hier nur die reinen Schatten zeichnen. Beim Zeichnen geht es oft ums Weglassen. Allein durch das Zeichnen der Schatten, hier mit einem Tuschepinsel, entsteht die Schrift in unserem Kopf. Durch die unterschiedlichen Linienbreiten erkennen wir auch die Erhabenheit der Buchstaben. Es ist immer wieder erstaunlich, wozu unsere grauen Zellen fähig sind.
Dreidimensionale Schriften
Die nächste Schrift ist dreidimensional in den Stein eingearbeitet. Ich zeichnete zuerst die geometrischen Formen, die Quader, mit Bleistift vor. Dann suchte ich mir den Fluchtpunkt, um die Perspektive zu gestalten. Anschließend schraffierte ich die Dunkelheiten. Die Kanten der Schrift brach ich etwas durch Gekritzel, um die Illusion einer Steinstruktur zu erhalten. Am Schluss setzte ich noch ein paar kleine Flecken auf die Schrift.
Schriften auf getöntem Papier
Eine gute Möglichkeit um Schriften in Stein darzustellen ist die Verwendung von getöntem Papier. In dieser kleinen Skizze habe ich in ein graues Skizzenbuch gezeichnet. Die Farbe des Papiers ist mein mittlerer Tonwert. Mit dem Bleistift zeichne ich die Dunkelheiten der Schatten. Mit einem weißen Aquarellstift höhte ich die hellsten Tonwerte. Wichtig für die Illusion sind Licht, Schatten und die Betonung der Keilform.
Egal wo Sie nun Schriften in Stein finden, an einer Stadtmauer, einer Gedenktafel oder einfach als kreative Beschriftung in Ihrem Skizzenbuch. Ich hoffe, ich konnte Sie inspirieren und Ihnen ein paar Lösungswege für Ihre Zeichnung aufzeigen.
2 Gedanken zu “Schrift im Stein”
Genial beschrieben und absolut einfach nachvollziehbar. Vielen Dank dafür!
Vielen Dank, Andrea. Dank Deiner Hilfe konnte ich auch noch eine Unklarheit beheben.