Grisaille und monochrome Malerei sind Untermalungstechniken der alten Meister. Hauptsächlich bei lichtdurchlässiger Ölfarbe eingesetzt, kann man diese Techniken jedoch auch in kolorierten Zeichnungen mit Tusche und Aquarell anwenden. Und natürlich kann man eine Zeichnung auch rein monochrom kolorieren.
Grisaille
Grisaille ist eine Malerei in Graustufen. (Gris=Grau) Sie erinnern sich an die Tonwerte? Bei der Grisaille Technik arbeitet man von Weiß bis Schwarz mit reinen Graustufen ohne Farbpigmente. In der Ölmalerei werden Gemälde mit Graustufen untermalt und damit die Tonwerte angelegt. Anschließend trägt der Maler translucente (lichtdurchlässige) Ölfarbschichten auf. Die Tonwerte schimmern durch. Licht wird innerhalb der dunklen Untermalung absorbiert und nicht reflektiert. Bei den helleren Untermalungen reflektiert dagegen das Licht und lässt die Farbschichten darüber leuchten.
Diese Technik lässt sich auch in Tuschezeichnungen gut umsetzen. Ich habe mich dabei von der Grisaille Technik des Illustrators Steven Reddy inspirieren lassen.
1. Bleistift Vorzeichnung
Ich lege die Position der Gegenstände grob mit ein paar schnellen Bleistiftstrichen fest. Ich arbeite von vorne nach hinten im Bild und von links nach rechts, da ich Rechtshänderin bin.
2. Konturenzeichnung
Nach einer schnellen Vorzeichnung mit Bleistift lege ich die Konturenzeichnung mit Fineliner oder wasserfester Tusche an. Auch hier arbeite ich von links, nach rechts und versuche, die Skizze nicht mit der dominanten Hand zu verwischen. Achten Sie darauf, alle nicht erwünschten Bleistiftstriche mit dem Knetgummi oder Radierer zu entfernen. Bleistift wird durch Übermalung mit Wasser, auf dem Papier fixiert und lässt sich danach nicht mehr entfernen.
3. Die erste Schicht
Ich trage ein Gemisch einer wasserfesten Tusche-Wasser Mischung auf. Diese Mischung entspricht ca. einem 25%igen Grauwert. Damit übermale ich meine Zeichnung. Nur die ganz hellen Stellen spare ich aus. Hier benötige ich das Papierweiß.
4. Die zweite Schicht
Im nächsten Duchgang vermale ich das 25% Tuschegemisch ein zweites Mal. Jetzt arbeite ich an den dunkleren Stellen. Durch die wasserfest auftrocknende Tusche wird die erste Tuscheschicht nicht angelöst. Es entsteht dadurch ein ca. 50%iger Grauwert.
5. Die dritte Schicht
Im dritten Durchgang gebe ich ein paar Tropfen reine Tusche zu diesem 25%igen Gemisch und erzeuge damit eine 50-60%iges Grau. Ich teste die Mischung auf einem extra Blatt Papier. Damit male ich nun die dunkelsten Stellen im Bild. Falls diese Lage nach dem Trocknen noch nicht dunkel genug ist, gehe ich ein 4. mal über die Zeichnung. Erneut entsteht eine kleine Trocknungs- und Kaffeepause.
6. Die Farbschicht
Für den nächsten Schritt, die Farbe, muss die Zeichnung total trocken sein. Wir haben nun als Grundlage ein Grisaille Bild in Graustufen. Alle Tonwerte sind in der Zeichnung angelegt. Die Tusche ist wasserfest aufgetrocknet. Die Aquarellfarbe kann sie nicht lösen. Ohne mir Gedanken über die Tonwerte zu machen, kann ich nun das Bild mit sehr wässrigen Aquarellfarben kolorieren.
Das Ergebnis ähnelt den früheren kolorierten Schwarz/Weiß Fotos. Hier könnte man auch gut Farbpfützen auf die Zeichnung malen und sich nicht an die Konturen halten. Das Ergebnis wäre bestimmt reizvoll. Zuletzt füge ich ein paar Dunkelheiten durch Schraffuren und eine Abgrenzung der Gegenstände im Vordergrund mittels einer weißen Kontur hinzu. Ich nutze dazu weißen Gelstift.
Lassen Sie sich nicht vom Gelstift ärgern. Oft malen diese Stifte in einem wässrigen Weiß und werden erst nach dem Trocknen strahlend weiß.
Verwendetes Material: Spiralblock Stillman & Birn Alpha, Lamy Füller mit wasserfester Platinum Carbon Ink, Bleistift und Knetgummi zum Entfernen des Bleistifts, wasserfeste Tusche in Wasserverdünnung (Ausziehtusche von Jax), Aquarellfarben (Schmincke), Platinum Carbon Pen Füller, für die feinen Schraffuren und ein preiswerter weißer Gelstift (keine Marke). Normalerweise verwende ich den uni-ball Signo. Leider war der favorisierte Gelstift eingetrocknet.
Monochrome Kolorierung
Monochrome Kolorierung ist ähnlich wie Grisaille. Nur wird hier eine Farbe zur Abstufung der Tonwerte verwendet. Zeichnungen, die monochrom koloriert werden, sehen recht reizvoll aus. Für die Konturen können Sie schwarze Tuschen oder Tuschen und Tinten in der Farbe der Kolorierung verwenden.
Monochrom kolorierte Zeichnungen sehen auch sehr schön mit Lavuren (Lavierungen) aus.
Bei der Lavur (Lavierung) einer Strichzeichnung eines wasserlöslichen Stiftes, lösen Sie die Farbpigmente mit Wasser aus dem Strich. Als Lavur bezeichnet man eine nicht deckende Farbschicht, die mit hohem Wasseranteil vermalt wurde.
Ich möchte Ihnen diese Technik anhand der kleinen Skizze einer Tasse zeigen. Zuerst zeichne ich die Konturen mit einem wasserlöslichem Stift (hier roter Stabilo Fineliner). Mit der angefeuchteten Pinselspitze (hier ein Pinsel mit Wasserreservoir) löse ich die Linie an und male die Schattenflächen und tieferen Tonwerte. Wenn die Farbpigmente aus der Linie nicht ausreichen, tupfe ich auf eine Stelle mit mehr Pigmenten (hier der Tassenboden) und fülle damit wieder die Pinselspitze. Alternativ zeichne ich ein paar extra Linien auf ein Schmierpapier, löse dort Farbe mit dem Pinsel auf und male danach meine Skizze fertig.
14 Gedanken zu “Grisaille und monochrome Malerei in der Zeichnung”
Diese Technik war mir bisher unbekannt. Richtig genial. Danke fürs ausführliche Beschreiben!
Es freut mich, wenn ich auch „alten Hasen“ etwas Neues erzählen darf!
Vielen Dank für diesen sehr nützlichen Artikel!
Freut mich! Danke, Maria!
super, super
Sehr schön demonstriert. Macht Lust auf’s Ausprobieren!
Vielen Dank, Thomas!
Na unbedingt, Bettina! Du kannst Deine Ergebnisse hier auch verlinken.
Wahnsinnig viel Inspiration, gepaart mit einer gehörigen Portion Ehrlichkeit UND dabei noch süffig zu lesen. Dein Enthusiasmus steckt an!
Herzlichen Dank für den netten Kommentar. Freut mich riesig, wenn mein Enthusiasmus ansteckt!
Vielen Dank für die anschaulichen Erläuterungen zur Grisaille-Malerei. Es ermöglichte mir einen neuen Zugang und tieferes Verständnis für die Werke Bernard Schultzes. Eine unglaubliche Inspirations-Quelle, auch für schreibende Menschen, wie mich.
Sehr schön! Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Vor allem der erste Teil, die Tuscheuntermalung ist für mich aufschlussreich, da ich mich zurzeit mit Tusche- und Sepiazeichnungen beschäftige. Mehrere Lasuren übereinander und das auf ’normalem‘ Skizzenpapier von 150 g/m², das hat mich erstaunt. Ich hatte gestern 120er Papier und das hat sich arg gewellt. Nun habe ich mir 250er bestellt. Ich habe bestimmt zu nass gearbeitet. Das muss ich doch noch einmal probieren, trockener arbeiten und ich denke, dieses Vormischen der Tusche zu einer 25% Lösung hilft dabei.
Viele Grüße
Carl Weltwitz
Sehr hilfreiche und sorgfäktige Ausführungen – dankeschön.
Eine kleine Anmerkung möchte ich zu „Bleistift Vorzeichnung machen“: es wäre gut, darauf hinzuweisen, daß eine Vorzeichnung mit Bleistift für die Ölmalerei vermieden werden sollte. Die Bleistiftlinien lösen sich und schlagen immer wieder durch, d.h. sie bleiben auch unter der Ölmalerei sichtbar. Herzliche Grüße mári